Frischer Fisch aus dem Internet

Frischer Fisch aus dem Internet

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Die besten Geschichten erzählt das Leben selbst. Eine Auswahl an schrulligkreativen Esten mit spannenden Geschichten lädt dazu ein, das nordische Land aus einem anderen Blickwinkel zu entdecken.

Estland ist bekannt für seine liebenswerten, oft etwas schrulligen Bewohner, die voller Kreativität und Tatendrang durchs Leben gehen. Kein Wunder also, dass die Esten jede Menge spannende Geschichten in petto haben, die neue Inspirationen für eine Reise nach Estland bieten.

Das Leib Restaurant in Tallinn steht für ehrliches, einheimisches Essen und beruht auf einem Farm-to-Table-Konzept. Zwei Foodies mit Leib und Seele – Koch Janno Lepik und Sommelier Kristian Peäske – betreiben das Restaurant voller Herzblut. Der Name hat dabei eine ganz einfache Erklärung: Leib heißt auf estnisch Brot – dort wie hier ein Pflichtbestandteil einer jeden Mahlzeit. Das Menü im Restaurant wechselt mit den Jahreszeiten, nur das schwarze Brot ist immer dabei. Lepik und Peäske sowie die Bauern, von denen die beiden seit langen Jahren ihre Produkte beziehen, wurden von der Coronakrise hart getroffen. Frei nach dem Motto Krise schafft Gelegenheit haben die beiden eine kreative Lösung gefunden und kurzerhand einen Online-Bauernmarkt ins Leben gerufen. Hier verkaufen sie frische Produkte wie Obst, Gemüse, Backwaren oder hausgemachte Pestos und Öle. Das Restaurant ist inzwischen wieder geöffnet, doch der Onlineshop bleibt bestehen denn nicht nur Stammkunden schwören mittlerweile darauf und lieben es, frische, lokale Zutaten von hoher Qualität einfach online nach Hause bestellen zu können. Neben dem hausgemachten schwarzen Roggenbrot ist der Bestseller übrigens frischer Fisch.

Auch Wein ist ein wichtiger Bestandteil der kulinarischen Kultur des Landes. Schon seit dem Mittelalter werden hier feine Weine aus Früchten und Beeren hergestellt. Doch erst in den letzten Jahren haben sich Weine aus Estland von „süßer Plörre“ aus dem untersten Regal zu kulinarischen Kronjuwelen entwickelt.

Laut Sommelier Gregor Alaküla, Initiator der Touren auf der estnischen Weinroute, machen vor allem die Zutaten und die Leidenschaft der Winzer die Weine aus Estland besonders, und besonders versatil: Grundstock der Weine sind einheimische Trauben, Früchten, Blumen oder Gewürze. Dabei entstehen gewagte Kreationen wie Aronia-Wein oder Secco aus Birkensaft. Trendzutat im Sommer 2020 ist Rhabarber. Einige deutsche Sterneköche wissen die estnischen Rebsäfte bereits zu schätzen. So wurde der Rhabarbersekt von Veinivilla beispielsweise in den Michelin-Restaurants Nobelhart&Schmutzig und Opus V ausgeschenkt.

Während estnische Weine noch ein echter Geheimtipp sind, ist die Rauchsauna gewissermaßen ein estnisches Symbol. Seit 2014 gehört sie zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO, zu verdanken hat sie das vor allem Eda Veeroja, der „Mutter der Rauchsauna“. Sie betreibt die Mooska-Farm in Südestland, wo Besucher das ultimative Rauchsauna-Erlebnis erwartet. Für die Esten ist die Rauchsauna weit mehr als eine Tradition, sondern ein beinahe heiliger Ort. Ein Saunagang reinigt und ein Saunagang heilt. Bis vor einigen Jahren begann und endete das Leben in der Rauchsauna, hier wurden die Toten gewaschen und die Kinder zur Welt gebracht. So auch Edas Vater. Und während hierzulande in der Sauna eher Stille herrscht, ist sie in Estland ein Ort der Kommunikation – mit den anderen Saunagängern, aber auch mit den eigenen Vorfahren.

Als Vorsitzende der Kihnu Cultural Space Foundation ist es Mare Mätas – Reiseleiterin, Lehrerin und Hüterin von Traditionen – Anliegen, uraltes Wissen und Jahrtausende alte Bräuche der Insel zu bewahren. Und davon gibt es auf Kihnu jede Menge, seit 2003 gehört die Insel sogar zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein – Sprache, Trachten, Musik und Tänze aber auch das Kunsthandwerk laden zu einer faszinierenden Reise in die Vergangenheit ein. Die Bewohner Kihnus leben bis heute im Einklang mit der Natur, dem Meer und den Gezeiten, Jagen und Fischen sind an der Tagesordnung. Doch Estland wäre nicht Estland ohne einen kleinen Twist: So kann es auf Kihnu durchaus vorkommen, dass eine Dame in typischer Tracht traditionelles Kunsthandwerk fertigt – und das Ergebnis stolz auf Instagram teilt.

Neben der vielschichtigen Kultur sind es die unberührte Natur und die einmaligen Landschaften, die Menschen nach Estland ziehen. Kaum einer kennt Estlands Naturschätze besser als der Guide Romet Vaino. Sein Herz schlägt vor alle für die vielen Moorgebiete des Landes. Ginge es nach Romet, müsste ein jeder Besucher des Landes eine Moorwanderung machen. Denn das Moor ist für ihn ein Tor zur Vergangenheit. Schon vor 10.000 Jahren gab es Moore in Estland, einige von ihnen sind älter als die Pyramiden von Gizeh. Hier kann man sich wirklich fern vom Alltag und der Zivilisation fühlen und die Magie, die Estland ausmacht, am eigenen Leib fühlen. Dabei muss man noch nicht mal weit fahren: schon eine Stunde von Tallinn entfernt gibt es zahlreiche Moore. Unterwegs mit Romet kann man jede Menge Abenteuer erleben: Zum Beispiel inmitten eines Meteoritenschauers bei einem Mitternachtsbad im Moor unter dem Sternenhimmel. Oder bei einer Begegnung mit einem Braunbären, von Angesicht zu Angesicht. „Ich hatte das Gefühl, der Bär kann durch mich hindurchsehen und meine Gedanken lesen. Gleichzeitigt wirkte er fast menschlich“, beschreibt Romet die Begegnung.

Ein weiterer Kenner und Liebhaber von Estlands Naturschätzen ist der Filmemacher Joosep Matjus. In seinem Dokumentarfilm „Das vom Wind geformte Land“, dem erfolgreichsten estnischen Dokumentarfilm aller Zeiten, nimmt er die Zuschauer mit auf eine Reise durch Estlands einzigartige Naturlandschaften, die über Jahrtausende von Wind und Wasser geformt worden sind. In den Wäldern, Wiesen, Flüssen und Seen ist eine reiche Tierwelt Zuhause, die Joosep mit Zeitlupenstudien und Drohnenaufnahmen anschaulich auf die Leinwand bringt.

Inspiration für sein Werk fand Joosep Matjus in Amerikas großen Nationalparks Yosemite und Yellowstone. Angesichts deren Naturschönheiten wurde ihm klar, dass Estland mit mühelos mit den bekannten Giganten mithalten kann. Oft bedarf es einer weiten Reise, um die Schönheiten des eigenen Landes zu erkennen. Während der Dreharbeiten war Joosep Matjus im ganzen Land unterwegs und wurde selbst immer wieder überrascht von der großen Vielfalt, die sich hier auf kleinem Raum bietet. Und auch sein nächster Film ist bereits in Planung, im Mittelpunkt werden der Wald und seine kulturelle Bedeutung stehen. Eine Menge Material für Joosep, denn die Hälfte der Landesfläche besteht aus Wald.

Noch mehr Geschichten aus Estland gibt es unter https://www.visitestonia.com/de.

Das Projekt wird unterstützt vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.